Familie Baur

Familie Baur, Karlstraße

Die Familie Baur führte in der zweiten Generation die Hof-Apothke in der Karlstraße. Herr Baur war ein angesehener katholischer Bürger der Stadt. Im 1. Weltkrieg wurde er schwer verletzt. Er wurde mit verschiedenen hohen Ehrentiteln ausgezeichnet. Frau Baur kam aus Karlsruhe und war protestantisch. Der Großvater von Frau Baur war Jude. Über ihr Leben in der Zeit des Nationalsozialismus sprachen die beiden hochbetagten Töchter der Familie Baur, Annemarie Berger und Lore Nagel zum Thema 50 Jahre Reichsprogromnacht in der Ausgabe der Badischen Zeitung vom 8.11.1988. Die Familie war bis 1935 fest in der bürgerlichen Gesellschaft integriert. Sie war zu allen Empfängen der stationierten Kompanie, des Fürstenhauses und der Stadt eingeladen. Zum Judentum hatte die Familie gar keinen Bezug und zu den jüdischen Familien in der Stadt keinen Kontakt. Man kannte sie kaum und fast beschämt gab die eine Tochter zu, dass sie eigentlich eher antisemitisch eingestellt waren. Sie fühlten sich als überzeugte Deutsche und gute Christen. Um so schlimmer trafen sie die nun einsetzenden antisemitischen Repressalien. Sie wurden auf der Straße nicht mehr gegrüßt und nirgendwohin eingeladen. Ein offener und ehrlicher Gedankenaustausch war nicht mehr möglich. Die Töchter, die sich gerade in dieser Zeit von zu Hause selbstständig machen wollten, erlebten die Einschränkungen sehr hart. Eine Tochter musste sich entloben und auch beruflich versuchte man sie von ihrem Arbeitsplatz im Krankenhaus zu vertreiben. Bald lebte die Familie sehr isoliert, sie fühlte sich entwürdigt und sie verstand diese Diskriminierung überhaupt nicht.

So erlebte die Familie den Pogrom in Donaueschingen. 

Am Vormittag des 10.11.1938 wurden die Lehrer und Schüler der Fürstenbergoberschule, der Höheren Handelsschule, der Berufs- und Gewerbeschulen ohne Angabe von Gründen zum Marsch vor das Postamt gegenüber des Bahnhofes befohlen.
Als sich die von einigen SA-Männern gebildete Spitze des Zuges aus der Schulstraße kommend der Hofapotheke näherte, soll nach Aussage von Frau König aus Donaueschingen der Hofapotheker Baur – in seiner zerschossenen linken Hand sein Eisernes Kreuz 1. Klasse und in der Rechten eine Pistole haltend – in der Türe der Hofapotheke erschienen sein und vor dem Betreten seines Hauses gewarnt haben. Frau Baur war Tage lang mit ihren Kindern durch Deutschland auf der Flucht. Sie besuchten Verwandte und waren immer in Angst und Sorge. Später beruhigte sich in der Stadt alles wieder ein wenig und die Familie wurde in Ruhe gelassen, doch weiterhin ignoriert.

Als die Versorgungslage im Land schlechter wurde, bekam Frau Baur keine Lebensmittelkarte, wurde aber von anderen mitversorgt. Die beiden Frauen erzählten, dass es auch Menschen gab, die ihnen geholfen hätten. Dazu gehörte aber zu dieser Zeit viel Mut. Ihr Haus wurde zerbombt. Sie waren traurig, aber auch froh, als die Alliierten die Stadt vom Naziterror befreiten. Wenige Wochen später war die Familie Baur wieder in der Donaueschinger Gesellschaft integriert und die Töchter konnten auch heiraten. Die Zeit des Dritten Reichs hatten sie schnell überwunden. Annemarie Berger und Lore Nagel sagten, dass sie über die diskriminierenden Dinge, die sie in dieser Zeit erfahren hätten, darüberständen.

Nach Wikipedia ist „Der Begriff Halbjude ein in der Zeit des Nationalsozialismus gebräuchlicher abwertender Ausdruck für Menschen mit einem jüdischen und einem nichtjüdischen Elternteil“.
Innerhalb des Judentums ist der Begriff Halbjude ungebräuchlich, da dieses nur „ganze“ Juden kennt, nämlich in die Kulturgemeinschaft hineingeboren („jüdisch ist, wer eine jüdische Mutter hat“) oder durch Giur konvertiert. Vereinzelt fand der Begriff auch bereits vor der Zeit des Nationalsozialismus Verwendung.In der Zeit des Nationalsozialismus war Halbjude kein juristischer Fachterminus. Der Begriff wurde in den Nürnberger Rassegesetzen und den sich darauf beziehenden Verordnungen nicht verwendet. 1941 wurde das Stichwort Halbjude erstmals in den Duden aufgenommen und als: Halbjude (jüdischer Mischling mit zwei voll jüdischen Großeltern) definiert.[1] Gesetzlich wurde grundsätzlich zwischen zwei Gruppen unterschieden, nämlich zwischen „Juden“ und „jüdischen Mischlingen“[2]. Die Gruppe der „jüdischen Mischlinge“ wurde weiter unterteilt in „jüdische Mischlinge ersten Grades“ mit zwei jüdischen Großeltern und „jüdische Mischlinge zweiten Grades“ mit einem jüdischen Großelternteil. Ungeachtet gleicher „biologisch-rassischer Abstammung“ wurden „Mischlinge ersten Grades“ jedoch in unterschiedliche Kategorien eingeordnet: Sie galten nicht als „Mischlinge“, sondern als „Voll-Juden“, wenn sie der jüdischen Kultusgemeinde angehörten, mit einem Juden verheiratet waren oder nach 1935 einen Juden ehelichten. Für diese Gruppe von „Halbjuden“ wurde später der Begriff Geltungsjude geprägt.“
(Wikipedia 11.8.2014, Halbjude)